100 Jahre Werkfeuerwehr Bezirkskrankenhaus Lohr
Bei den Planungen für die neue Heil- und Pflegeanstalt wurde auch besonderer Wert auf größtmögliche Unabhängigkeit gelegt.
So war auch die Errichtung eines Feuerwehrgerätehauses und die Bereitstellung einer eigenen Feuerwehr mit eingeplant.
Die Ausrüstung war für damalige Verhältnisse großzügig. Im gesamten Krankenhausgelände waren 30 Oberflur-Wasserhydranten in günstiger Entfernung zu den einzelnen Gebäuden installiert. Der am Waldrand gelegenen Wasser-Hochbehälter, mit 400 Kubikmeter (= 400 000 Liter Wasser), stellte eine ausreichende Löschwasserversorgung sicher. Der Höhenunterschied des Geländes von der Versorgungsmitte zum Hochbehälter betrug 60 Meter, so dass ein Wasserdruck von 6 Atü (= 6 bar) anstand. Somit war auch eine Brandbekämpfung von Dachgeschossen über Leitern ohne Druckpumpe möglich. 200 Meter Hanfschläuche, Strahlrohre und Entnahme-Armaturen waren auf Handziehwagen untergebracht. Die weiter auseinander liegenden Einzelgebäude verhinderten bei einem Brand ein Übergreifen auf andere Gebäude. Über eine Ausziehleiter (ab 1913 auch über eine große Holz-Balanceleiter), Hakenleitern und einem Rettungsschlauch (Rutschsack), war die Menschenrettung und ein Löschangriff möglich. Zur Schutzausrüstung der Feuerwehrleute gehörte ein Wollstoff-Schutzanzug, Messinghelm, Sicherheitsgurt, Feuerwehrbeil, Laterne und Handschuhe.
Mitglieder der Feuerwehr waren Beschäftigte aus verschiedenen Bereichen. Wie ein Arbeitsvertrag von 1912 belegt, wurden Beschäftigte verpflichtet, Feuerwehrdienst zu leisten. Übungen wurden in Militärform mit festgelegten Befehlen durchgeführt. Eine überörtliche Prüfkommission bescheinigte 1924 einen sehr guten Ausbildungs- und Ausrüstungsstand.
Die vereinsmäßige Feuerwehr verlor in der NS-Zeit 1934 ihre Selbständigkeit und wurde 4. Kompanie der Feuerwehr Lohr. In den Kriegsjahren übernahm die Feuerwehr die Luftschutzaufgaben. Ab 1946 war die Wehr wieder selbstständig.
1940 wurden Patienten von Werneck und vom St. Josefsheim Gemünden nach Lohr verlegt. Haus 1 wurde Reservelazarett, Haus 5 Altersheim und Haus 11 Kaserne für amerikanische Soldaten. Die Krankengebäude waren zeitweise mit der doppelten Zahl von Kranken belegt als geplant. Mehrere Dachgeschosse wurden ausgebaut und mit Beschäftigten und Patienten belegt. Ein zweiter Fluchtweg fehlte in diesen Bereichen, eine Menschenrettung aus den Dachgeschossen sehr schwierig. Nach dem Krieg wurden auch moderne Baustoffe mit Kunststoffanteilen eingesetzt. Die Patienten brachten mehr persönliche Kleider mit. Es erfolgte hiermit eine wesentliche Erhöhung der Brandlast.
Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, drängte der damalige Kreisbrand-Inspektor Franz Greser auf besseren Ausrüstungs-und Ausbildungsstand der Feuerwehr. Durch die Anschaffung eines Tragkraft-Spritzenanhängers 1968 mit kompletter genormter Bestückung war eine Zusammenarbeit mit anderen Feuerwehren möglich. Nach Übungen mit dem neuen Gerät wurden Leistungsprüfungen abgelegt. 1969 erfolgte die staatliche Anerkennung als Werkfeuerwehr.
Nach dem Großbrand im Gutshof 1969 und der Beschaffung von Atemschutzgeräten zur Menschenrettung aus verqualmten Bereichen, war die Beschaffung eines Feuerwehrautos als notwendig erkannt worden. Die Feuerwehr erhielt 1974 ein Tragkraft-Spritzenfahrzeug TSF mit Normbeladung und 1991 ein Löschgruppenfahrzeug LF 8 . Somit war der Transport einer kompletten Löschgruppe, der nötigen Ausrüstung und 6 Atemschutzgeräten möglich.
Das 1912 errichtete Feuerwehrgerätehaus entsprach nicht mehr den Anforderungen. Für Ein- und Ausfahrt des Feuerwehrautos wurden die Rückspiegel eingeklappt. Die Atemschutzgeräteträger mussten sich nach Einsätzen, mitunter bei Minusgraden bei geöffnetem Einfahrtstor neben dem Feuerwehrauto umziehen. Dusche, WC und Waschbecken waren nicht vorhanden.
Eine Erweiterung des Feuerwehrhauses war möglich, weil sich Mitglieder der Werkfeuerwehr bereit erklärten, den Umbau größtenteils in ihrer Freizeit durchzuführen. So konnte der Umbau mit geringen finanziellen Mitteln durchgeführt und 1995 fertig gestellt werden.
Bauliche Änderungen und andere Belegung der Gebäude erfordern immer wieder eine Anpassung der Geräteausstattung. Für möglichst schnelle Rauchfreiheit von Gebäuden wurde ein Überdruck-Belüftungsgerät beschafft. Der Rettungsschlauch (Rutschsack) entsprach nicht mehr den Erfordernissen. Auch die Befestigung an den verschiedenen Fensterkonstruktionen bereitete Schwierigkeiten. Dieser Mangel wurde durch die Beschaffung eines Sprungretters (mit Pressluft aufblasbares großes Luftkissen) beseitigt. Die Umrüstung der Funkgeräte auf Digitalfunk wird in nächster Zeit erforderlich.
Maßgeblich geprägt wurde die Wehr durch ihre Kommandanten.
Kommandanten waren:
1912 – 1918 Rüdel
1918 – 1921 Friedrich
1921 – 1925 Schwarz
1925 – 1934 Gerschütz
1934 – 1946 Dörfler
1946 – 1947 Berghammer
1947 – 1950 Rösch
1950 – 1968 Berghammer
1968 – 1998 Rößlein
1998 – 2002 Schuhmann
Seit 2002 V. Kubis
Wie nötig die Werkfeuerwehr (nicht nur für das Bezirkskrankenhaus) war, zeigen wichtige
Einsätze:
29.04.1929 Brand von 3 Scheunen und einem Wohnhaus in Steinbach
06.1947 Brand einer Lagerhalle am Industriegeleis
13.05.1949 Gebäudebrand in der Lohrer Rathausgasse
1956 Scheunenbrand Anwesen Stenger
19.04.1968 Waldbrand an der Grenze Bezirkskrankenhaus – Wombach
19.09.1968 1. Brand der Scheune des Gutshofes (Schaden 270 00,- DM)
25.02.1970 Hochwasser-Katastrophen-Einsatz an der Franziskanerinnen –Schule
12.01.1976 2. Brand der Scheune des Gutshofes (Schaden 510 000.- DM)
15.07.1978 Absperrung während der Kaminsprengung (Maschinenhaus)
04.12.1982 Brand im 5. Stock des Wohnheimes Hs. 55 (Schaden 108 000.- DM)
18.01.1983 Zimmerbrand Haus 18 Erdgeschoß
07.02.1984 Überflutung von Gebäuden und Geländeteilen des Bezirkskrankenhauses
22.02.1985 Großbrand Fa. Spessart-Glas Lohr
18.10.1986 Zimmerbrand Haus 18, 2. Obergeschoß
08.12.1988 Brand in Haus 1 Erdgeschoß
25.03.1989 Brand in Haus 3 Erdgeschoß
27.02.1991 Brand des Dachstuhles Haus 6
16.07.1992 Flächenbrand am Wasserhochbehälter
17.10.1992 Zimmerbrand Haus 19 1. Obergeschoß
16.01.1994 Großräumige Patientensuche mit der Feuerwehr Lohr
18.03.1994 Zimmerbrand Haus 19 2. Obergeschoß
26.01.1995 Hochwassereinsatz bei Fa. Rexroth
28.01.1995 Hochwassereinsatz in Sendelbach
14.07.1995 Straßenräumung nach wolkenbruchartigem Regen
16.07.1995 Brand in der „Roten Mühle“
Dachstuhlbrand Haus 50
Evakuierung Haus 5 wegen Bombendrohung
Brand im Abfallraum Haus 5
Brand der Tier-Hütte an der „Alm“
Für den nötigen Leistungsstand der Wehrleute sind laufende Übungen, wiederkehrende Leistungsprüfungen und die Teilnahme an Großübungen mit anderen Wehren erforderlich. Durch Beratung über vorbeugende Brandschutz, Unterweisung über Verhalten im Brandfall, richtiges Bedienen der Feuerlöschgeräte und Beseitigung von Gefahrenquellen, will die Werkfeuerwehr mit helfen, Menschenleben zu schützen und Arbeitsplätze zu erhalten.
Edgar Schuhmann